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PORTRAITS

Gemeinschaftsausstellung mit Monika Gottfried
Heinrich-Heine-Haus, Lüneburg
28. Mai - 14. Juni 2017
Einführung: Fritz Grossmann

Auszug der Einführung

…….. „Im Mittelpunkt meiner Malerei steht der Mensch“ lautet der erste Satz einer kurzen Stellungnahme von Kathrin Bick-Müller zu ihren Bildern, und sie gibt diesen Menschen auf ihren Bildern einen unübersehbaren Auftritt, und zwar im Maßstab 1:1. Es sind tatsächlich existierende Menschen, die Kathrin Bick-Müller in der Mehrheit der Fälle selbst fotografiert hat. Die Personen befinden sich in unterschiedlichen Situationen, ausgestattet mit Accessoires, aufgrund derer ein Betrachter die Menschen spontan in der Gegenwart ansiedeln kann. Es gibt trendige Hündchen, einen flotten Enthusiasten des Vereins FC St.Pauli, gepflegt punkige oder mainstreamhaft modische junge Frauen, als Accessoires Kopfhörer, Smartphones, coffee-to-go-Becher, eine an die Wand gestellte Flasche einer angesagten Biermarke, alles in allem Symbole einer ständig in Bewegung befindlichen Zeit, in der es darüber hinaus wichtig ist, auf der Höhe zu sein und bestimmten Außenmaßstäben zu genügen.
Aber es gibt auch eine aparte junge Frau, die selbstbewusst lächelnd, nicht ohne Stolz, ihr noch gehunfähiges Kleinkind auf den Armen hält und dem Betrachter präsentiert, das Kind bemüht, im Rahmen seiner Möglichkeiten ebenfalls Blickkontakt mit dem Gegenüber aufzunehmen, sein Mund aber kaum mehr als ein Atemloch und seine Intelligenz zu diesem Zeitpunkt noch weit unter der eines kleinen Hundes, der auf einem anderen Bild am Elbstrand herangestürmt, ja heran geflogen kommt, um seinem FCSt.Pauli-Herrchen einen Minifußball zu apportieren.
Kathrin Bick-Müller kommt auf diesen Portraits nicht vor, natürlich nicht, und doch liefert sie auf diesen Bildern auch ein Portrait ihrer Person - und zwar indirekt.
Zum einen, indem sie fast ausnahmslos Modelle aus der Generation ihrer Töchter auswählt, einer Altersgruppe, zu der sie emotional besonderen Zugang hat. Das zeigt, in welchem Maße bei ihrer Arbeit Empathie mit im Spiel ist.
Zum anderen gestaltet die Malerin auf dem Weg von der fotografischen Vorlage zum fertigen Gemälde das ganze Umfeld für die darzustellenden Personen neu. Mit Textildesign schon immer aufgrund ihres Berufes vertraut, geht sie mit starken Kontrasten, Farben und Dekor jeder Art unbefangen um. Das in ihrer Vorstellung imaginierte dekorative Umfeld zur Figur wird mit dem Akt des Malens zu einem realen Dekor des Bildes und mit der Aufhängung des Bildes zu einem Dekor des Raumes.
Aber sie steuert auch bei ihrem Arbeiten, indem sie zum Beispiel bei fluchtenden Bodenfliesen eine perspektivisch korrekte, aber zu dramatische Raumtiefe vermeidet. Indem der Boden wie heruntergeklappt wirkt, funktioniert er nicht nur als Standfläche, sondern zugleich als Hintergrund für die dargestellte Figur, lenkt also nicht von dieser ab. In gleicher Absicht manipuliert sie die Strukturen der senkrechten Hintergrundsflächen - also Tapeten, Außenmauern, Schaufensterscheiben - und stellt damit sicher, dass das Ins-Auge-Springende der Hauptfigur nicht abgeschwächt wird.
Zum Abschluss noch ein Charakteristikum der Bilder, die uns ein Weiteres indirekt über die Persönlichkeit der Malerin aussagen. Es geht um die in dem Bildarsenal immer wieder zutage tretenden Skurrilitäten, insbesondere was Körperbau, Habitus und zum Teil auch die Kleidung der Frauen angeht. Sie stellen ein Bekenntnis der Malerin zum Leben dar, das kaum je von perfekter Schönheit gekennzeichnet ist. Ein Bekenntnis zu den Abweichungen von der angeblich idealen Norm, die den Charme der Bilder ausmachen…… Fritz Grossmann

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