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JEDER NACH SEINEM KOPF

SchauRaum Harburg
Produzentengalerie
12. - 29. September 2013

 

Eröffnungsrede

Auf den Bildern von KBM stehen uns Menschen gegenüber, wie sie uns in der U-Bahn begegnen, in der Einkaufspassage, in der Schlange an der Kasse eines Supermarktes, en passant auf der Strasse, eigentlich überall dort, wo sich Menschen begegnen. In dieser Ausstellung können Sie diese Menschen einmal hemmungslos ins Visier nehmen. Es muss Ihnen nicht peinlich sein. Verweilen Sie beim Anblick der Dargestellten und studieren Sie ungestört jedes Detail. Lassen Sie sich Zeit! Es ist wichtig, dass Sie das ohne Eile tun!
Je länger und genauer Sie hinschauen, umso mehr wird sich Ihnen die eine oder andere Person offenbaren. Sie werden feststellen, dass beim Betrachten der Bilder Ihre eigenen Assoziationen unterschiedlich stark sind.
Manche Figuren bleiben Ihnen fremd, andere kommen Ihnen eigentümlich bekannt vor und Sie werden vielleicht sogar zustimmend schmunzeln oder tief berührt sein. Je nach dem, was Sie kennen oder was Ihnen fremd ist. Es ist die Absicht der Künstlerin, dass der Betrachter anfängt, nach einer Geschichte zu der Person im Bild zu suchen.
Raffiniert und absichtsvoll weist uns die Künstlerin einen Weg: die Physiognomie der dargestellten Personen wird ergänzt durch Kleidung, Accessoires wie Handtasche, Hund, Einkaufstüten, durch Muster im Hintergrund, durch Farben, landschaftliche Szenen, architektonische Sujets. Der ganze Bildraum erscheint als kulissenhafte Bühne auf der die Figur oder die Figuren dargestellt werden. Die Mimik der Gesichter und die Körperhaltung der Personen geben vielleicht Hinweise auf ihren Gemütszustand. Gelegentlich geben auch die Titel der Bilder weitere Informationen preis.
Die Ikonografie in den Bildern von KBM ist offen und lässt unterschiedliche Interpretationen zu:
Bei einem Atelierbesuch berichtete mir die Künstlerin: „ Unterschiedliche Besucher einer Ausstellung haben schon die gleichen Bilder als zutiefst traurig oder als wahnsinnig komisch empfunden.“
Diese Ambivalenz ist ganz bewußt angelegt und sie funktioniert deshalb so gut, weil hier eben nicht die Einzigartigkeit eines Individuums zum Ausdruck kommen soll, wie wir es von einem Portrait im klassischen Verständnis erwarten.
Die Künstlerin wählt aus einem reichen Fundus von gesammelten Abbildungen und eigenen Fotografien oder zufällig in Zeitungen entdeckten Abbildungen die Figuren aus. Eine bestimmte Haltung oder ein besonderer Gesichtsausdruck sind für ihre Wahl meistens ausschlaggebend.
Was im weiteren Schaffensprozess daraus entsteht, das entspricht eher einem Typus, der durch die Gegebenheiten unseres Zeitgeschehens geprägt ist. Die dargestellten Figuren sind Projektionsflächen auf denen das, was repräsentiert wird zu einer Präsenz an und für sich gelangt. Spiegelungen bestimmter Charaktere von denen es viele Varianten gibt.
Jeder von uns sieht nicht nur, sondern kennt auch Menschen, die so oder so ähnlich in Erscheinung treten und in unserer eigenen Biografie eine mehr oder weniger bedeutende Rolle spielen. Wir selbst sind dabei nicht ausgeschlossen und könnten   Teilaspekte unserer eigenen Beschaffenheit in den hier ausgestellten Bildern wahrnehmen. Ein Erkennen im Sinne eines Wiedererkennens des Selben im Anderen.
In den Bildern von KBM begegnet uns Schönes, Prachtvolles, Stilles, Trauriges, Geheimnisvolles, Komisches und Amüsantes. Sicherlich nicht die ganze Palette menschlichen Daseins, aber doch ein abwechslungsreicher Ausschnitt. Jeder nach seinem Kopf  bietet uns in dieser Ausstellung eine andere Geschichte an.

Claudia Hoffmann

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